Im Rahmen des ersten Jahrestags der rassistischen Morde in Hanau wird der Kampf gegen Rassismus und Rechtsextremismus thematisiert. Häufig bleibt es bei der Abgrenzung gegen die Positionen bei leeren Phrasen. Das Badische Tagblatt druckt direkt nach dem Gedenktag eine Werbung der AfD.
Vor einem Jahr hat ein Rechtsextremist Ferhat Unvar, Mercedes Kierpacz, Sedat Gürbüz, Gökhan Gültekin, Hamza Kurtovic, Kaloyan Velkov, Vili Viorel Pãun, Said Nesar Hashemi und Fatih Saraçoglu getötet. Am ersten Jahrestag von Hanau gab es zahlreiche Gedenkveranstaltungen, Stellungnahmen von Politiker:innen und zahlreiche Kommentare und Leitartikel von Journalist:innen. Das Gedenken an die Getöteten und die Aufforderung, gegen Rechtsextremismus zu kämpfen standen im Vordergrund.
Kampf gegen Rechtsextremismus wird auf allen Kanälen beschworen - auch beim Badischen Tagblatt
Auch meine Heimatzeitung, das Badische Tagblatt (BT), widmete fast die gesamte zweite Seite dem rassistischen Terror. Dort sind zwei Artikel und ein Kommentar erschienen.
Im Kommentar kritisiert der Autor, dass das Versprechen der lückenlosen Aufklärung von Seiten der Politik nicht eingehalten wird. Der Autor des Kommentars im Badischen Tagblatt schließt, dass der Staat erneut versagt habe.
Dazu greift der Autor die Kritik der Angehörigen am Verhalten der Behörden ihnen gegenüber und die offenen Fragen der Ermittlungen, also der überlastete Notruf der Polizei und der Waffenbesitz des Täters, auf. Die Angehörigen der getöteten Menschen hätten das Gefühl, als Opfer zweiter Klasse behandelt werden.
Badisches Tagblatt zu Hanau: Gesellschaft tut sich beim Kampf gegen Rechtsextremismus schwer
Das kritisiert der Autor im Badischen Tagblatt: Es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass es für den Rechtsstaat einen Unterschied mache, ob ein Regierungspräsident erschossen werde, oder ein „Mensch mit Migrationshintergrund“. Dann schließt das BT mit einer Feststellung: „Auch ein Jahr nach Hanau tun sich Rechtsstaat und Gesellschaft schwer mit dem Kampf gegen Hass, Hetze, Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus. Doch was mit Alltagsrassismus beginnt, kann tödlich enden.“
Und der Autor des Kommentars im Badischen Tagblatt hat Recht. Die offenen Fragen der Ermittlungen müssen beantwortet werden. Das sind die Behörden den Angehörigen schuldig. Und es darf in der Tat nicht so sein, dass die vermeintliche Abstammung oder der Phänotyp einen Unterschied für den Rechtsstaat macht. Und in der Tat tut sich die Gesellschaft beim Kampf gegen Hass, Hetze und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit schwer.
Badisches Tagblatt: Leere Phrasen beim Thema Rechtsextremismus
Leider ist das Badische Tagblatt, und in Teilen auch der Kommentar, ein Beispiel dafür. Beim Kommentar sind beispielsweise zwei Begriffe zu kritisieren. Der Autor des BT spricht von „Menschen mit Migrationshintergrund“, der häufig als Synonym für „Ausländer:innen“ verwendet wird und stigmatisierend ist. Auch der Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ ist – gerade in diesem Kontext – problematisch. Er suggeriert, dass die getöteten Menschen fremd, also nicht Teil der Gesellschaft sind. Gerade im Fall von Hanau betonen die Angehörigen, dass sie eben keine Fremden sind, dass sie Deutsche sind. Dann ist von Seiten von Journalist:innen deutlich mehr Sensibilität gefordert und es sollte von Rassismus gesprochen werden.
Badisches Tagblatt veröffentlicht Werbung von geistigen Brandstifter:innen
Unpassend ist es auch, wenn das Badische Tagblatt einen Tag nach dem Gedenktag eine Werbeanzeige der rechtsextremen AfD veröffentlicht. Das BT lässt also Werbung einer extremen Partei zu, die bald vom Verfassungsschutz als Verdachtsfall geführt werden soll und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit zu ihrem Markenkern macht. Die AfD ist im Kern rassistisch und stellt immer wieder vermeintlich „Fremde“ als Bedrohung dar. Damit bestärkt sie Rechtsterroristen in ihren Wahnvorstellungen, die in Hanau neun Menschen das Leben gekostet haben.
Es ist wahr, dass die Gesellschaft Probleme hat, sich konsequent gegen Hass und Hetze zu stellen. Das Badische Tagblatt ist eben auch Teil dieser Gesellschaft. Durch Werbeanzeigen werden die Positionen aber normalisiert und legitimiert.
Beim Thema Geld ist der Kampf gegen Rechtsextremismus vorbei
Abgesehen von Worten bleibt im Kampf gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Rechtsextremismus nicht mehr viel übrig. Im Fall des Badischen Tagblatt ist es dann zu Ende, wenn es ums Geld geht. Bertolt Brecht bleibt aktuell: Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.
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nichts dazugelernt (Montag, 31 Mai 2021 00:24)
polizei hanau - dumm geboren und auch auch nach dem anschlag nichts dazugelernt
https://www.hessenschau.de/gesellschaft/polizei-in-hanau-soll-hilfesuchende-beschimpft-und-bewaffneten-ignoriert-haben,polizei-hanau-102.html