· 

Das Damengambit (Netflix): Schach wird aus den Händen des männlichen Altertums befreit

Die Netflix-Serie „Das Damengambit“ (englisch: „The Queen’s Gambit“) widmet sich einem ungewöhnlichen Thema: Schach. Dabei greift die Miniserie Vorurteile an. Die Serien-Kritik.

 

Schach hat einen etwas eingestaubten Ruf. Das liegt vielleicht auch zum Teil daran, dass mein Schachbrett schon mehrere Jahre nicht mehr angerührt wurde und tatsächlich eingestaubt ist. Aber auch so hat das uralte Strategiespiel ein angestaubtes Image. Es scheint ein elitäres alte weiße Männer-Ding zu sein.

 

"Das Damengambit" (Netflix): Überraschend spannend

Umso überraschender ist, dass Scott Frank und Allan Scott mit „Das Damengambit“ eine Netflix-Miniserie über Schach entwickelt haben. Und umso zurückhaltender war ich, als ich davon gehört habe. Auch deshalb schreibe ich so spät – die Serie ist am 23. Oktober auf Netflix erschienen – darüber.

 

Und es lohnt sich wirklich in die Welt von „Das Damengambit“ einzutauchen. Die Serie ist wirklich gelungen. Schach wird aufgemischt. Oder nein, das Image des Spiels wird aufpoliert. Und das passiert bildlich. Die Männerdomäne wird von einer jungen Frau gebrochen. Die Protagonistin Elizabeth „Beth“ Harmon dringt in die Schachwelt ein, die sie – die Netflix-Serie spielt in den Fünfzigern und Sechzigern – zuerst sehr skeptisch betrachtet.

 

Protagonistin von "Das Damengambit" auf Netflix greift Geschlechterrollen an

Das macht auch der Mentor von Beth zu Beginn der Serie. Nach einem Autounfall, bei dem ihre Mutter stirbt, kommt Elizabeth Harmon in ein Waisenhaus. Dort trifft sie auf Mr. Shaibel, der im Keller alleine Schach spielt. Sie fragt ihn, was das ist und ob sie mitspielen kann. Zuerst sagt er, dass das nichts für ein Mädchen sei. Schließlich entscheidet er sich doch dazu, ihr das Spiel beizubringen.

 

Beth schleicht sich daher immer wieder in den Keller, um Schach zu spielen und liest Bücher über das Spiel. Sie wird immer besser und wird auch in eine High School eingeladen, wo sie gegen alle Mitglieder eines Schachclubs spielt und sie besiegt. Als Jugendliche wird Beth adoptiert und nimmt schließlich an richtigen Schachturnieren teil.

 

"Das Damengambit" (Netflix): Mansplaining wird der Lächerlichkeit preisgegeben

Dort wird sie zuerst nicht ernst genommen. Harmon lässt die Männer reden, und sie wollen Beth sehr oft das Spiel bzw. bestimmte Züge erklären, und setzt sie Matt. Insofern ist „Das Damengambit“ auch eine feministische Serie. Die Männer sind fleißig am „Abnerden“ und mit „Mansplaining“ beschäftigt; Harmon schweigt, schaut sie erwartungsvoll und fast spöttisch an und macht dann ihren Zug.

Der Blick der Protagonistin ist wirklich beeindruckend. Die Hauptdarstellerin Anya Taylor-Joy spielt sie überragend. Sie legt so viel in diesem Blick hinein: Neugier, Spott, Freude, Nachdenklichkeit, aber auch Überraschung und Erschrockenheit.

Grundgerüst von "Das Damengambit" (Netflix) ist eigentlich nichts Besonderes

Und auch Elizabeth Harmon hat Probleme. Netflix erzählt mit „Das Damengambit“ zwar eine klassische Aufstiegsgeschichte, wie sie nicht besser dem amerikanischen Traum entsprechen könnte: Die Protagonistin kommt aus dem Nichts, bekommt eine Chance, arbeitet an sich und ist damit erfolgreich. Aber auch ihre Dämonen holen sie ein. Aber auch Rückschläge gehören zu einer klassischen Held:innenreise dazu.

 

Das Grundprinzip von „Das Damengambit“ ist also nichts wirklich Neues. Aber das Thema Schach ist es. Auch der Rahmen der Fünfziger und Sechziger Jahre und die bildliche Umsetzung und die Musik machen die Serie zu etwas Außergewöhnlichem.

 

Ebenfalls in den Sechzigern spielt der Netflix-Film "The Trail of the Chicago Seven". Auch darin werden die gesellschaftlichen Verhältnisse der Zeit angegriffen, allerdings lässt er auch Rückschlüsse auf die heutige Zeit zu.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0