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Mehr Mut zum Diskurs

Die Regierungsbildung auf Landes- und Bundesebene stellt sich immer häufiger als schwierig heraus. Verluste von Volksparteien führen zur Notwendigkeit von Koalitionen aus drei Parteien oder zu einer Großen Koalition. Programmatische Unterschiede erschweren die Sondierungsgespräche und lassen diese scheitern oder führen zu Regierungskrisen.

 

Es wird Zeit, dass die deutsche Politik umdenkt. Minderheitsregierungen sind die Lösung.

 

Gegen die politische Kultur in Deutschland

In Deutschland wurden sie bisher immer vermieden. Notmaßnahmen sind Große- und Dreier-Koalitionen. Minderheitsregierungen entsprechen nicht der politischen Kultur. Eine mehrheitslose Regierung wirkt zunächst abschreckend. Sie scheint instabil und hat eine geringere demokratische Legitimität, da sie nicht die Mehrheit der Bürger*innen hinter sich vereint.

 

Außerdem ist die Handlungsfähigkeit der Regierung eingeschränkt. Gesetze werden langsamer umgesetzt, da sich die Regierung die Mehrheit dafür im jeweiligen Parlament zusammensuchen muss. Auch die Opposition verliert „harten Kanten“. Man kann nicht nur auf seiner Meinung beharren. Kompromisse sind notwendig.

 

Chance für die repräsentativen Demokratie

Darin zeigt sich aber auch die Stärke einer Minderheitsregierung. Die Demokratie wird gestärkt. Diskussionen in Parlamenten gewinnen an Bedeutung. Eine neue Debattenkultur, bei der die Teilnehmer*innen nicht auf ihrer Wahrheit beharren können, entsteht. Die Regierung kann nicht einfach Gesetze durchboxen, ohne Kritik  berücksichtigen zu müssen.

 

Die Zusammenarbeit verlagert sich somit von einer normativ verpflichtenden Kooperation innerhalb der Regierung zu themenorientierten Allianzen. Parteien können demnach ihrem Programm treu bleiben, da sie nur kurzzeitig und sachorientiert kooperieren, statt große Teile ihres Programms in den Sondierungsgesprächen aufzugeben. Die Regierungen selbst sind sich dann inhaltlich und ideologisch deutlich näher. Auf diese Weise werden Regierungskrisen aufgrund von inhaltlichen Streitigkeiten der Koalitionspartner weitestgehend vermieden.

 

Das Repräsentationsprinzip ist ebenfalls gestärkt. Parteien können ihre Wähler*innen inhaltlich besser vertreten.

 

Mangelnde Stabilität?

Obwohl die Regierung keine Mehrheit hat, ist sie doch weitestgehend vor einem Sturz durch die Opposition geschützt. Durch das konstruktive Misstrauensvotum muss die Opposition gleichzeitig auch eine*n neue*n Kanzler*in wählen. Das ist aufgrund der Polarisierung der Opposition und deren Unterschiede sehr unwahrscheinlich.

 

Minderheitsregierungen sind aufgrund der genannten Aspekte ein Mittel gegen Politikverdrossenheit. Das Interesse an Politik kann durch die gesteigerte Bedeutung von Diskussionen gesteigert werden. Ein tatsächlicher Politikwechsel ist dadurch wahrscheinlicher, so dass die Glaubwürdigkeit der Politik steigt.

 

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