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"Through the Darkest of Times": Schicksale des Widerstands

„Through the Darkest of Times“ ist ein rundenbasiertes Strategiespiel. Spieler*innen schlüpfen in die Rolle von deutschen Widerstandskämpfer*innen während der Nazi-Diktatur. Das Indie-Entwicklerstudio „Paintbucket Games“ veröffentlichte es am 30. Januar 2020, genau 87 Jahre nach der Machtergreifung der Nazis. Wie das Spiel gemacht ist und seine Wirkung entfaltet.

 

„Als Adolf Hitler 1933 zum Kanzler ernannt wurde, jubelten die Massen. Aber wir nicht. Wir wussten, dass nun schlimme Zeiten anbrechen würden. Wir wussten, dass die Drohungen der Nazis keine leeren waren. Dass sie meinten, was sie sagten. Wir mussten etwas tun. Wir durften nicht schweigen. Aber wir wussten auch, es kann uns den Kopf kosten.“

 

Schlichte, dunkle Zeichnungen begleiten diesen Text. Menschenmassen sind zu sehen. Die roten Fahnen mit dem schwarzen Hakenkreuz in der Mitte stechen deutlich daraus hervor. Das nächste Bild: schockierte Gesichter in einem spärlich beleuchteten Zimmer. Es sind die Protagonist*innen des Spiels. Menschen, die sich wehren. Weitere Bilder zeigen Aktionen des Widerstands. Begleitet werden diese Szenen durch minimalistische Klaviermusik.

 

Düstere Gänsehautatmosphäre prägt "Through the Darkest of Times"

Die Kombination aus diesen Dingen – Bilder, Musik, die ruhige aber bestimmte Erzählerin und das Wissen um die historische Realität – sorgt schon im Intro für Gänsehaut. Die düstere Atmosphäre zieht sich durch das ganze Spiel. Generell ist die Musik traurig. Es gibt Ausnahmen: Swing-Musik im Hauptquartier der Widerstandsgruppe. Aber auch bei kurzen Ausflügen aus dem Alltag des Widerstands wirkt die Musik fröhlicher. Trotzdem sind auch hier die Zeichnungen düster. Farblich gibt es keine großen Variationen. Das Spiel ist in Grautönen gehalten, passend zur Stimmung.

 

„Überall in Deutschland entscheiden sich ganz normale Menschen, Freunde und Familien, ihr Leben zu riskieren, um anderen zu helfen und ein unmenschliches Regime zu bekämpfen. Dies sind ihre Geschichten.“

 

Spieler*innen können sich die Spielfiguren selbst wählen. Das Aussehen, den Beruf und auch die politischen Ansichten. Es sind fiktive Personen. Es wird aber eine Geschichte um sie herum konstruiert. Die Personen haben ein familiäres Umfeld, einen Freundeskreis, Nachbarn und ihre individuellen Stärken und Schwächen. „Through the Darkest of Times“ schafft es dadurch, die Zeit der NS-Diktatur anhand von nahbaren Personen zu erzählen. Es sind Menschen, die tatsächlich so gelebt und gekämpft haben könnten. Die wichtigen Ereignisse der Geschichtsbücher bilden nur die Basis für die Handlung.

Strategie ist im antifaschistischen Spiel "Through the Darkest of Times" entscheidend - und frei wählbar

Die Geschichte in "Through the Darkest of Times" basiert auf Runden. Es gilt, Entscheidungen zu treffen. Dabei gibt es viele strategische Optionen. Geht man mit Gewalt und viel Aufsehen gegen die Nazis vor, konzentriert man sich auf den Schutz von bedrohten Menschen oder versucht man die Bevölkerung über die Verbrechen der Nazis aufzuklären? Eine andere Frage stellt sich in der Zusammenstellung der Gruppe. Bleibe ich meiner Ideologie treu und nehme nur Menschen mit ähnlichen Ansichten auf? Oder überwinde ich ideologische Differenzen und arbeite mit Menschen zusammen, die ich normalerweise nicht leiden kann, um ein gemeinsames Ziel zu erreichen?

"Through the Darkest of Times" ist ein Spiel des Wunschdenkens

Egal welchen Weg man geht, die Frage bleibt gleich: Wie weit kann ich gehen, ohne zu viel Aufmerksamkeit zu erwecken? Es bleibt immer eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Finanziell, aber der Preis kann deutlich höher sein: Der Verlust von Freiheit oder der Tod drohen. Dabei ist es ein Spiel des Wunschdenkens. Ich möchte so handeln. In diesem Fall ist es leicht, das „Richtige“ zu tun. Es steht nichts auf dem Spiel.

 

„Through the Darkest of Times“ ist ein sehr atmosphärisches Spiel. Gerade, wenn man es beim Licht einer einzigen Schreibtischlampe spielt und dabei Kopfhörer trägt, fühlt man sich in die Zeit und die Personen hineinversetzt. Die Ausweglosigkeit ist spürbar. Dabei erzeugt es Wut und Trauer, wenn ein Handeln unmöglich ist. Am Ende ist man froh, dass es nur ein Spiel ist. Wir müssen die Entscheidungen nicht treffen.

 

Während "Through the Darktest of Times" den antifaschistischen zivilen Widerstand gegen die Nazis zeigt, liefert der Roman "Berliner Briefe" von Susanne Kerckhoff  Einblicke in die Diskussionen rund um den demokratischen Wiederaufbau Deutschlands nach dem Zweiten Weltkrieg.

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